Im aktuellen Kolpingmagazin (11-12/2013) wird eine Position der Diözesanleitung der Kolpingjugend Diözesanverband Münster als Leserbrief veröffentlicht. Aufgrund des begrenzten Platzes zur Abbildung von Leserbriefen, ist diese Position nur als gekürzte Fassung veröffentlicht worden. An dieser Stelle veröffentlichen wir die ungekürzte Fassung:

Die perfekte Familie?

Position zu den Leserbriefen im Kolpingmagazin 10/2013

Adolph Kolping lebte und prägte im 19. Jahrhundert ein durchaus traditionelles Bild von Ehe und Familie, das dem gesellschaftlichen Konsens der damaligen Zeit entsprach. Fraglich ist, wie sich die Vorstellungen und Aussagen Kolpings auf Ehe und Familie in die heutige Zeit transferieren lassen. Es gehört dazu, dass sich Gesellschaft und gesellschaftliche Vorstellungen über Norm und Lebenskultur verändern und maßgeblich von vielen Vorstellungen und anderen Rahmenbedingungen der jeweiligen Zeit geprägt sind. Niemand kann mit Sicherheit sagen, ob Adolph Kolping an seinem Familienbild festhalten würde, oder ob er sich einem Familienbild hingeben würde, was die Zeit braucht: mit einem Blick auf den ausgewogenen Wechsel zwischen der Tradition und einer wertschätzenden Interpretation der Lebenswirklichkeit.

Keiner sollte die Worte Adolph Kolpings aus einem Zusammenhang reißen ohne sehr genau zu prüfen, ob die Aussagen über mehrere Jahrzehnte ihre Wertigkeit beibehalten haben oder historisch anders zu interpretieren sind. Es ist nicht so einfach die Begrifflichkeit der Familie zu beschreiben und eine Definition zu finden, die den tatsächlichen Lebensumständen entsprechen und nicht eine ideologische Vorstellung wiedergeben. Beschreibt der Begriff Familie nur die förmliche Zusammensetzung aus Mutter, Vater und Kind(ern)? Und was ist dann mit Alleinerziehenden oder Patchworkfamilien – Modellen, die heute mehr als üblich sind und jede/r in seinem Umfeld kennt oder selbst lebt? Für die Kolpingjugend steht nach wie vor eine positive Grundhaltung und Akzeptanz eines modernen gesellschaftlichen Familienbildes im Vordergrund und keinesfalls im Widerspruch zur nach wie vor geschätzten Sakramentalität der Ehe.

Adolph Kolping war sich, unabhängig von der Form und Zusammensetzung einer Familie, sicher, dass die Familie ein Ort ist, in der Liebe und Geborgenheit vorherrschen. Ein Ort an dem jeder bedingungslosen Rückhalt und Rückzug finden kann. Diese Werte prägen die Institution Familie weit mehr, als ihre auf Form und Außenwirkung reduzierte Betrachtung eines vermeintlichen Konsenses – unabhängig von Geschlecht oder Orientierung.

Die Kolpingjugend versteht sich und das Kolpingwerk als einen Zusammenschluss, bei dem jeder in seiner Art und mit seinen Eigenschaften akzeptiert wird und nicht nach seiner Orientierung oder Einstellung verurteilt oder ausgeschlossen wird. Die Kolpingjugend steht für Toleranz und Gleichberechtigung bei der Werte und Normen eine übergeordnete Rolle vor förmlichen Gegebenheiten hat.

Bei den Leserbriefen im Kolpingmagazin vom Oktober 2013 handelt es sich nicht um eine konsensfähige verbandliche Position. In diesem Sinne und mit aller Deutlichkeit sprechen wir uns für ein tolerantes Kolpingwerk aus, das plurale Lebensentwürfe in seinen Reihen als Selbstverständlichkeit und Normalität akzeptiert.

Coesfeld/ Münster, im Oktober 2013

Diözesanleitung der Kolpingjugend

Simon Handrup, Diözesanleiter
Selina Kraskes, Diözesanleiterin
Maximiliane Rösner, Diözesanleiterin
Dennis van Deenen, Diözesanleiter
Franz Westerkamp, Diözesanpräses